Samstag, 26. August 2017

Kaffeefahrt nach Tatev

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln würde man schon auch irgendwie in die Nähe von Tatev kommen – aber nicht mehr am gleichen Tag zurück. Also kam uns der Flyer des Touranbieters auf dem Hosteltresen ziemlich gelegen. Einmal pro Urlaub kann man ja auch mal richtig Tourist sein. Vor allem, wenn man dadurch einen Tag einspart und man somit drei Nächte in Jerewan verbringen und das Gepäck dort lassen kann. Und man endlich mal wieder in einem bequemen und klimatisierten Kleinbus fahren kann.

Ich gebe es ungern zu, aber: Die Kaffeefahrt mit der internationalen Touristengruppe hat echt Spaß gemacht. Und wir richtig entspannend. Wie soll es auch anders sein, wenn um 10:30 Uhr schon eine Wein- und Kognak-Probe auf dem Programm steht… Wir haben interessante Gespräche mit Brasilianern und US-Amerikanern – wobei ich an der großen Nase des US-Amerikaners natürlich gleich erkannt hatte, dass er armenische Wurzeln haben muss – geführt. Ein bisschen nervig war eigentlich nur Frau Feldwebel Reiseleiterin, die uns ständig irgendwo hin gescheucht hat. Aber von ihr haben wir uns weder die schöne Landschaft noch die gute Laune verderben lassen.



Die Fahrt führte aus Jerewan heraus und ein längeres Stück parallel zur armenisch-türkischen Grenze – die nachts übrigens eine durchgehend beleuchtete Lichterkette ist, und an der sich russische Soldaten (armenische Seite) und amerikanische Soldaten (türkische Seite) gegenüberstehen. An der bekannten Straßen„kreuzung“ in Jerasch mussten wir dann, so wie alle anderen, links abbiegen – geradeaus hätten wir nach 1,3 Kilometern vor der geschlossenen armenisch-aserbaidschanischen Grenze gestanden, rechts hätten wir nach 7,5 Kilometern die unpassierbare armenisch-türkische Grenze erreicht. Unsere Handys waren längst wieder im türkischen Netz, unser Bus blieb auf dem armenischen Straßennetz.



Auf der weiteren Fahrt über den 2.334 Meter hohen Pass Vorotan l-tsk fährt man im Prinzip durch einen schmalen Korridor zwischen Aserbaidschan und Aserbaidschan. Dieser Korridor ist das, was der Verlauf der Geschichte von Armenien übriggelassen hat. Die meisten seiner Filetstücke hat das Land verloren: Der heilige Ararat gehört nun der Türkei; der Meereszugang gehört Georgien und der Türkei; der landschaftlich attraktivste Teil des Landes, Berg-Karabach, behauptet, selbstständig zu sein und gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan; Naxdivan wurde, obwohl es keinen Anschluss an das aserbaidschanische Kernland hat, ebenfalls Aserbaidschan zugeschlagen – angeblich nur, damit die Türkei muslimische Nachbarn hat; Armenien besteht somit überwiegend aus einer vegetationsarmen Hochfläche, auf der es schwierig ist, ertragreiche Landwirtschaft zu betreiben. Und so muss ich an die Anekdote denken, die im lesenswerten Buch „Vierzig Tage Armenien“ aufgegriffen wurde: Als Gott bei der Erschaffung der Welt die Länder verteilt hat, waren die Armenier mal wieder alle am feiern bzw. betrunken – und so blieb für sie am Ende nur ein trockener Stein übrig.






Stichwort Anekdote: Obwohl er seit geraumer Zeit auf türkischem Staatsgebiet liegt, schmückt der heilige Ararat noch immer die armenische Staatsflagge. Was der Türkei natürlich ein Dorn im Auge ist. Ein Vertreter der Türkei soll sich einst bei der Sowjetunion beschwert haben, dass sich Armenien mit einem Berg schmückt, der nicht auf armenischem Staatsgebiet liegt. Daraufhin soll der russische Vertreter gesagt haben: „Soweit mir bekannt ist, befindet sich der Mond nicht auf türkischem Staatsgebiet…“

Bevor das hier zu sehr in Anekdoten ausartet, schreibe ich aber doch nochmal was zu den eigentlichen Highlights des Tages: Kloster Tatev und die Seilbahn dorthin. Die 2010 eröffnete, 5,75 Kilometer lange Seilbahn ist scheinbar die größere Attraktion als das kulturgeschichtlich bedeutende Kloster, immerhin ist die „Aerial Tramway“ schon 190 Kilometer vorher beschildert. Und ja, sowohl die Seilbahn als auch das Kloster lohnen tatsächlich die lange Anfahrt. So wie auch der Shakifall einen Abstecher lohnt. Aber ich lasse einfach Fotos und sprechen:















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