Donnerstag, 17. August 2017

Dogu Express

„Das ist der perfekte Ort für eine Landflucht“, war mein erster Gedanke, als ich heute Morgen gegen 6:30 Uhr meine Augen aufgekriegt und durch das Fenster geschaut habe. Nichts los da draußen. Ein okkergelbes, trockenes Nichts mit kleinen Äckern, die in Handarbeit bewirtschaftet werden; kleinen Steinhütten; und weit und breit keiner asphaltierten Straße. Das Beste hier ist der Zug nach Ankara. Dauerhaft wohnen möchte ich hier nicht – zum Durchfahren ist es aber natürlich superschön.
Im Laufe des Vormittags rumpeln wir mehrmals durch beeindruckend steile und enge Felsschluchten. Der Foto ist im Dauereinsatz, ständig gibt es interessante Motive: Fluss; Felsen; unsere Diesellok und die ersten Waggons auf einer alten Steinbrücke; ein großer Greifvogel; der Streckenverlauf zwischen zwei Tunnelportalen. Die Felsen und Hänge ändern in den nächsten Stunden mehrmals die Farbe: okker, grau, rot, schwarz. Zwischen zwei Schlucht-Abschnitten fahren wir an einem großen Stausee entlang, den es anscheinend noch nicht lange gibt – Staumauer, Kraftwerk, verlegte Bahntrasse, Straße und Häuser sehen alle noch recht neu aus. Die alten Häuser und Verkehrswege wurden wohl vom See überflutet.

Zur Mittagszeit wird die Landschaft deutlich langweiliger. Statt Hörbuch („Schnee“ von Orhan Pamuk zur Einstimmung auf Kars) kann man also auch mal wieder „richtig lesen“ und Mittagsschlafen, ohne viel zu verpassen. Ich lese Texte über die Türkei und ihre jüngste Geschichte und sehe auf einer Übersichtskarte, dass es auf der anderen Seite der Berge, die wir gerade aus dem Zugfenster sehen, im vergangenen Jahr zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen Türken und Kurden kam. Dabei sehen die Berge so friedlich aus. Man erwartet in diesen schönen, kahlen Hängen zwar weder Wanderwege noch Berghütten – aber eben auch keine Konflikte.

Das Mittagessen nehmen wir im Speisewagen zu uns. Man hat die Wahl zwischen zwei Mikrowellen-Fertiggerichten, die beide aus Hähnchen und Reis bestehen, jeweils serviert auf einem Pappteller. Aber die Angestellten im Speisewagen – mit denen wir uns nur mit Händen und Füßen und Blicken verständigen – sind so lustig und sympathisch (was ja eigentlich dasselbe ist), dass wir uns hier auch ohne Michelin-Stern gerne aufhalten. Eine Fahrt mit dem Dogu-Express ist wirklich empfehlenswert.













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