Samstag, 12. August 2017

Abendessen in Belgrad

Ich hoffe, es wird auf der restlichen Reise nie wieder eine Zugfahrt geben, die so langweilig und unbequem wird wie die von Zagreb nach Belgrad. Die hässlichen verregneten Vorstädte von Belgrad waren eine Erlösung, weil klar war, dass wir den grauenhaften Klappsitz, den Fäkalgeruch und die Tür zum Nachbarwaggon, die wir alle paar Minuten gewaltvoll schließen mussten, um nicht zu erfrieren, bald los sind. Sechs Stunden auf einem Sitz, der unbequemer ist als jeder westeuropäische U-Bahnsitz. Dabei hätten wir sogar zwei Sitzplatzreservierungen gehabt. Aber die hatten in diesem Zug eher empfehlende Wirkung. Ich hatte mich auf jeden Fall nicht getraut, mit unseren deutschsprachigen Tickets, die hier sicher niemand versteht, zwei ältere Mitreisende von ihren Plätzen zu vertreiben. Also Klappsitz. Immer noch besser als Stehplatz, davon gab es auch einige.


Sechs Stunden auf einem Sitz, der unbequemer ist als jeder westeuropäische U-Bahnsitz.
Die hässlichen verregneten Vorstädte von Belgrad waren eine Erlösung



So langweilig die Fahrt durch die immer gleichen Maisfelder war, so spannend ist Belgrad selber. Überrascht hat mich die Stadt nicht – seit meinem letzten Besuch vor zwei Jahren hat sich außer einem neuen Einkaufszentrum in der Fußgängerzone nicht viel verändert – aber gefallen hat sie mir erneut. Der Kontrast aus kaiserlich-königlichem Prunk und sozialistischer Nüchternheit sowie überdimensionierten Schnellstraßen und engen Hinterhof-Einfahrten; die Lage am Berg mit stetigem Auf und Ab; der Blick von der weitläufigen Festungsanlage auf den Zusammenfluss der Save und der beeindruckend breiten Donau; das durch und durch touristifizierte und dennoch sehr attraktive Künstlerviertel Skardarlija – das hat schon was. Auch wenn man Belgrad jetzt nicht unbedingt als schön bezeichnen kann: Spannend ist es allemal. Man kann im Stadtbild ein bisschen Balkan-Geschichte ablesen – von osmanischen Kaffeehäusern bis NATO-Bombardement. Und man hier lecker essen: Unser „Ethnic restaurant Zavičaj” hat die mehr als 30 Minuten Wartezeit vor der Tür gelohnt. Interessanterweise waren gefühlt 50 % der Gäste Italiener (wahrscheinlich waren es nur 5 %, aber Italiener sind einfach zehnmal so laut wie alle anderen), was wir als gutes Zeichen gewertet haben: Wo Italiener sind, gibt es gutes Essen.








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